Es gibt Tage, an denen man am liebsten eine ganze Liste an Dingen abarbeiten möchte, die man sich am Abend zuvor vorgenommen hat. Doch dabei arbeitet die Zeit immer gegen uns, versucht uns scheinbar von unseren Wunschbeschäftigungen abzuhalten und uns unsere wertvolle Freizeit zu rauben. Wie schön wäre es, wenn wir also ein paar Stunden mehr zur Verfügung hätten, wie schön wäre ein stressfreier Tag?
Die Zeit ist unser größter Feind
Zugegeben ist es schon eine komische Vorstellung, dass wir uns um unsere wertvolle Lebenszeit sorgen, dann aber bis zu zehn Stunden am Stück einfach im Bett liegen und schlafen. Immer wieder ist die Rede vom berühmten Drittel, welches wir schlafend im Bett verbringen und unseren Energietank aufladen, um so an Power für den Tag zu gewinnen.
Ich bin nicht der Erste, der auf die Idee kommt, seinen Schlaf um ein Vielfaches zu verkürzen, um noch ein paar Mails zu checken oder für die nächste Klausur zu lernen. Diese Methode ist zwar nicht gesundheitsfördernd, für junge Menschen aber noch ganz gut zu verkraften. Doch der Körper holt sich seinen Schlaf zurück, sodass die Vorsätze für den Samstagmorgen, an dem ich motiviert meine Präsentation vorbereiten wollte, wegen Langschlafens wieder mal ins Wasser fallen.
Es muss doch eine Methode geben, die mir mehr Freizeit schenkt und sich zudem positiv auf meine Gesundheit auswirkt? Im folgenden Artikel werde ich versuchen, diese Frage aufzuklären.
4 Stunden Schlaf - Eine Wissenschaft für sich
Nach wenigen Minuten Recherche stelle ich fest, dass es nicht umsonst Forscher gibt, die sich nur mit dem unterschätzten Thema Schlaf beschäftigen und teilweise jahrelang ohne nennenswerte Erkenntnisse forschen. Vereinfacht ausgedrückt trennt die Wissenschaft verschiedene Schlafformen. Die meisten von uns bedienen sich an dem sogenannten monophasischen Schlaf. Das bedeutet, wir schlafen lediglich einmal lang, durchschnittlich acht Stunden.
Als absolutes Gegenstück zur klassischen monophasischen Schlafmethode lässt sich der Uberman- Schlafrhythmus nennen, bei dem man angeblich mit nur 4 Stunden Schlaf auskommen kann. Für diese Methode ist der Kurzschlaf ganz elementar.
Wie lange sollte ein Kurzschlaf sein?
Dabei schläft man insgesamt nur zwei Stunden, aufgeteilt auf sechs Schlafphasen à 20 Minuten. Viele sind es schon vom Mittagsschlaf gewöhnt, nur dass ein mehrstündiger Schlaf am Stück dabei komplett wegfällt.
Kann man Kurzschlaf lernen?
Der Name des Uberman-Konzepts ist absolut gerechtfertigt, wenn man bedenkt, wie eisenhart die eigene Disziplin sein muss, das über mehrere Tage oder gar Wochen durchzuziehen. Selbstdisziplin steht also an erster Stelle, welche Faktoren sind noch wichtig, wie lässt sich der Kurzschlaf trainieren? In einem Erfahrungsbericht ist die Rede von der „10-Tages-Grenze“. Weiter heißt es „Ist diese Grenze erst einmal überwunden, passt sich der Körper an den vorgegebenen Rhythmus ganz einfach an.“ Und ich frage mich, ob das wirklich so einfach sein kann, stelle mir persönliche Fragen und zweifle an mir.
Langsam angehen? Nichts für mich.
Klar könnte ich langsam beginnen und mein Schlafkonzept entsprechend anpassen. Damit sich mein Körper möglichst schnell gewöhnt, beschließe ich das Wochenende als Start des Experiments zu nutzen. Die erste Nacht stelle ich mir noch recht entspannt vor, jeder kennt das Gefühl nach einer durchgemachten Nacht. So halte ich mein erstes Nickerchen nach dem Mittagessen um 15:00. Es dauert zunächst mit dem Einschlafen, ich kann noch nicht wirklich anschalten und viele Alltagssituationen beschäftigen mich auch noch nach einigen Minuten. Nach einer viertel Stunde kann ich dann endlich entspannen und schlafe schließlich ein. Fünf Minuten später wird der Kurzschlaf auch schon wieder durch meinen Wecker beendet. Noch fünf Mal über den Tag verteilt, werde ich jeweils zwanzig Minuten schlafen.
Die darauffolgenden Nickerchen werden immer besser, das Einschlafen klappt jetzt nahezu reibungslos. Zwar spüre ich eine zunehmend starke Müdigkeit, das sei aber laut den vielen Erfahrungsberichten völlig normal. Gilt hier etwa das Motto "Übung macht den Meister?" Kann man Kurzschlaf trainieren?
Der Kampf mit der inneren Uhr beginnt
Die Müdigkeit dominiert den Tagesablauf, meine Selbstbeherrschung wird ständig auf den Prüfstand gestellt. Wie gerne möchte ich doch jetzt einfach für eine längere Zeit schlafen. Der dritte Kurzschlaf an Tag zwei und ich merke, wie schwer es mir fällt, nach zwanzig Minuten aufzustehen. Jedes Mal aufs Neue überwinde ich mich, halte mich mit schwarzem Tee und viel Bewegung wach und versuche meine freie Zeit zu genießen. Das klappt bislang noch nicht. Mein Mittagsschlaf wird auf 16:00 verschoben, meine innere Uhr kommt immer mehr ins Wanken.
Ich denke nur noch ans Schlafen
Bereits seit fünf Tagen beschäftige ich mich jetzt mit dem Uberman Prinzip. Nachts arbeiten zu können, wenn alle anderen schlafen, ist eine tolle Sache, doch kann ich die neu gewonnene Zeit bislang noch nicht so recht genießen. Diese unterschwellige Müdigkeit ist ein ständiger Begleiter, die Arbeit am Laptop lässt mich nur noch mehr ans Schlafen denken. Selbst einfachste Aufgaben werden zur Herausforderung, Stress ist ein ständiger Begleiter. Vieles, was sonst mit Leichtigkeit gelingt, nervt nun einfach nur.
Frische Luft hilft, auf Kaffee bzw. Koffein möchte ich grundsätzlich verzichten, um Schlafstörungen vorzubeugen und meine Gesundheit zu schonen. Während des Experiments erlebe ich immer wieder kleinere Hoch- und Tiefphasen, einerseits freue ich mich auf den Zeitpunkt, an dem sich mein Körper an die neuen Kurzschlaf-Phasen gewöhnt hat, auf der anderen Seite sehne ich mich nach einem langem Schlaf, wie ich ihn gewohnt war. Wie beeinflusst mich die Umstellung? Ist Kurzschlaf erholsam?
Sogenannte polyphasische Schlafmodelle, worunter auch mein getestetes Schlafmuster zählt, wurden schon sehr früh ausgeübt. Ein bekanntes Beispiel sei Leonardo da Vinci, der 1,5 Stunden geschlafen haben soll, verteilt zu je 15 Minuten alle vier Stunden. Ich aber habe auf keinen Fall vor, dauerhaft so kurz zu schlafen. Mein gesamter Tagesablauf wird davon dominiert, wann die nächste Kurzschlafphase endlich beginnt. Während den Wachphasen bin ich manchmal weniger produktiv, da ich einfach nicht mehrere Stunden ab Stück konzentriert bleiben kann. Mehrmals will ich den Wecker einfach nur gegen die Wand werfen. Doch irgendwie mache ich doch weiter. So viel Zeit, ich schaffe einige Dinge, die ich schon seit Wochen vor mir herschiebe. Das ist spitze.
Das Experiment fruchtet doch noch?
Bereits acht Tage sind vergangen und ich erlebe mein erstes Erfolgserlebnis. Das Aufstehen klappt schon fast ohne Wecker, die Präsentation, die ich in der Nacht erstellt habe, ist schon fertig und meine Energie noch nicht am Ende. Voll Power geladen frage ich mich, ob der häufige Kurzschlaf schon Wirkung zeigt und sich mein Körper so langsam darauf eingestellt hat. Ob meine Gesundheit wirklich davon profitiert, sehe ich allerdings kritisch, denn obwohl ich mich nun nicht mehr so müde fühle, sehe ich dem nächsten Mittagsschlaf schon sehnsüchtig entgegen.
Habe ich die Grenze etwa schon erreicht, hat sich mein Körper schon angepasst? Routiniert lege ich mich immer um die gleichen Uhrzeiten ins Bett, schlafe ein, wache auf. Müde bin ich jetzt nur noch unmittelbar nach dem Aufstehen und in der tiefen Nacht. Dennoch bin ich misstrauisch, ob sich die Zeitersparnis auf Dauer rentieren wird. Die Konzentration ist doch deutlich geringer, mein Umfeld leidet darunter, dass ich oft launisch bin und immer lauert die Müdigkeit hinter der nächsten Ecke, auch wenn es gelegentlich anders ist und ich mich fit fühle. Ich fühle mich schlapp, sodass ich ohne es richtig zu merken, in einen Sekundenschlaf falle. Nach 10 Tagen falle ich abends gegen halb 10 ins Bett und schlafe die nächsten 12 Stunden tief und fest durch.
Mein Fazit zum Kurzschlaf Experiment
Ständig angespannt beherrscht die Angst einzuschlafen den Alltag. Zehn Tage sind um und ich stelle fest, dass ich keine Macht über den eigenen Schlaf gewinnen möchte, sodass ich mich wieder an meinen gewohnten Schlafrhythmus anpasse. Ich bewundere die Menschen, die freiwillig oder durch ihren Beruf außergewöhnliche Schlafpraktiken ausüben und so mit mehr Power in den Tag starten. Der kleine Selbstversuch erwies sich aber keineswegs als sinnlos. Seit ein paar Monaten halte ich einen kurzen Mittagsschlaf, und wenn es mein Tagesablauf erlaubt, ein zehnminütiges Powernapping. Nachweislich keine schlechte Erfahrung, denn ich fühle mich fitter, leistungsstärker und benötige beim Aufstehen nur noch wenige Minuten, der Faktor Stress rückt in den Hintergrund und morgendliches Lernen mit der neu gewonnenen Power macht regelrecht Spaß.